Ich bin im Unterengadin unterwegs auf dem Skulpturenweg bei Sur En. Hier oben hat der Frühling erst vor kurzem Einzug gehalten. Auf den grünen Hangwiesen leuchtet der Löwenzahn. Die Austriebe des Blätterwerkes an den Bäumen malen alle Schattierungen von grün, wie sie eben nur im Frühling sichtbar sind. Da es leicht regnet, fallen die Farbnuancen besonders stark auf. Die Luft riecht frisch und würzig. Es ist sehr ruhig hier oben, beinahe menschenleer. Anders als zu den Saisonzeiten, wo viele Touristen aus dem Unterland am Wandern sind. Die Einheimischen geniessen die Zeit unter sich.
Der Hauptweg durch den schönen Lärchenwald steigt langsam und stetig an. Beide Seiten säumen Skulpturen von schweizerischen und ausländischen Künstlerinnen und Künstlern. Ich frage mich, ob die Objekte in den Wald passen oder nicht. Einige scheinen sich ganz in die Umgebung hinein zu schmiegen, andere stören das Landschaftsbild eher. Ich schaue, staune, betrachte, halte inne, schmunzle... Auf alle Fälle darf jedes Objekt auch berührt, ja sogar bewegt werden. Ich trete ganz nah in Kontakt mit ihnen. Mmmhh... passt weisser Marmor in den Wald? Was macht ein Flugzeug in dieser Umgebung? Ist der grosse, wilde Hund an der Kette Wächter über die Waldfeen oder soll er ungebetene Gäste abweisen? Fragen, die meine Fantasie anregen und mich in meine inneren Bilderwelten eintauchen lassen.
Je länger ich schaue, umso mehr fallen mir Details auf, umso feiner stellt sich mein Auge ein, umso mehr schwindet die Zeit und es scheint, als ob ich mit dem Wald und den Skulpturen verschmelze. Ich bemerke plötzlich, dass es schon später Nachmittag ist und ich mich für einen langen Moment vollkommen vergessen habe. Eindrücklich so ein Skulpturenweg und ein Besuch sehr zu empfehlen!